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St. Alfons feierte 60-jähriges Bestehen mit einem abwechslungsreichen Programm

Es ist einer der ungewöhnlichsten katholischen Kirchenbauten Würzburgs und einer der sichtbarsten: St. Alfons auf der Keesburg. Wenn überhaupt, dann würdigen die einschlägigen Stadtführer das modernistische Gebäude eher widerwillig – was freilich nichts an dessen Markanz für das Stadtbild ändert. Sie drängt sich jedem auf, der von Süden aus nach Würzburg hineinfährt. Wohlwollend gesagt, gleichen der Campanile und das steil ansteigende Langhaus die Landmarken auf der gegenüberliegenden Mainseite optisch aus. Denn wie diese bekrönt St. Alfons einen jäh zum Maintal abfallenden Hügel: Die Sieboldshöhe wird von der Kirche dominiert wie der Nikolausberg vom Käppele oder der Marienberg von der Festung.
Vor sechzig Jahren, am 07. November 1954, wurde der Neubau von St. Alfons geweiht; über der im Wiederaufbau befindlichen Mainmetropole strahlte das neue Kirchengebäude wie ein zukunftsfroher Weckruf. Es gibt wenige Kirchenge-meinden, deren Identität mit der architektonischen Gestalt ihrer Pfarrkirche so eng verwoben ist wie bei St. Alfons. Als dort am Wochenende des 08. und 09. November das sechzigjährige Pfarrjubiläum gefeiert wird, trug das Festprogramm diesem Merkmal Rechnung: „Ein Haus voll Glorie schauet" lautet das Motto, das sich unverkennbar von der topographischen Lage der Kirche herleitet. Jeder, der auch nur halbwegs mit katholischem Liedgut vertraut ist, kennt die Fortsetzung des Textes: „weit über alle Land."

Wie die Kirche selbst soll das Jubiläum über die Grenzen der Pfarrgemeinde hinweg ausstrahlen – zumal nach Gerbrunn: Die Pfarrei St. Nikolaus bildet schon seit längerem eine Pfarreiengemeinschaft mit St. Alfons; seit 01. November 2014 ist Pater Bernd Wagner dort auch als Pfarrer tätig. Die Herausforderungen, die sich aus diesen Zusammenlegungen ergeben, sind zahlreich und erfordern besondere Anstrengungen. Da kam das Pfarrjubiläum gerade recht – nicht zuletzt, um aus dem Rückblick neuen Mut für die anstehenden Aufgaben zu schöpfen.

Die Keesburger wollten also feiern, und das taten sie auch. Den Auftakt bildete am Abend des 08. November eine Begegnung im Großen Pfarrsaal von St. Alfons. Der Festausschuss organisierte Wein, Brot und vielerlei Brotaufstriche. Im Treppenhaus präsentierten sich alle möglichen Gruppen, die in der Pfarrei aktiv sind, auf Postern in Wort und Bild.
Nach dem Essen hielt der Redemptoristenpater Gerd Stürmer einen Vortrag über das Leben des Ordens- und Pfarrpatrons Alfonso Maria de Liguori, der Referent hatte 2013 eine Gruppe aus St. Alfons auf einer Reise auf den Spuren des Hl. Alfons begleitet; bei dieser Gelegenheit waren auch viele der Fotos entstanden, die den Vortrag illustrierten.

Für das Jubiläum wurden einige der vom Hl. Alfons zweistimmig komponierten Kirchenlieder zu vierstimmigen Sätzen erweitert, sowohl von der Organistin von St. Alfons Iva Slancová als auch von dem italienischen Redemptoristen Alfonso Vitale. Der Kammerchor und ein eigens gebildeter Projektchor ließen an diesem Abend – und am nächsten Tag im Festgottesdienst – also echte Uraufführungen erklingen. Während die anrührenden Melodien den Großen Pfarrsaal erfüllten, wurden die Zuhörer auf zwanglose Weise mit dem Liedgut des neapolitanischen Settecento vertraut gemacht.

Anschließend vergegenwärtigte eine Projektion die Geschichte der Pfarrei St. Alfons in Bildern, von der Grundsteinlegung am 02. August 1953 bis zur Süditalienreise 2013. In der Bildunterschrift zu diesem letzten Bild wurde Sant' Agata dei Goti gleichsam eingemeindet: Aus italienisch „Goti" wurde fränkisch „Godi"! Michael Gärtig hatte sich der Mühe unterzogen, diese Fotorevue zusammenzustellen, viele Publikumszurufe präzisierten die Bilder. Dokumentiert wurden auf diese Weise beispielsweise die Weihe der Kirche am 07. November 1954, die Glockenweihe 1959, das Richtfest für das Pfarrheim 1962, die erste Sternsingergruppe 1980, die erste „Kulturnacht der Jugend" 1984, die Gründung der Jugendschola 1990 oder der Fasching 1998. An den chronologisch passenden Stellen wurden Porträtfotos der Pfarrer eingeblendet – bei Pater Bernd Wagner brandete spontaner Szenenapplaus auf.

In seiner Abmoderation warf Christoph Bläsi, der durch das Programm des Abends führte, die Idee einer Chronik der Pfarrei St. Alfons auf. Die Zeit dränge insofern zum Handeln, da jetzt noch viele Zeitzeugen der ersten Stunde zu befragen seien, in zehn oder zwanzig Jahren aber vielleicht nicht mehr.

Am nächsten Tag um zehn Uhr stand der Familiengottesdienst ganz im Zeichen des Pfarrjubiläums. Der konzelebrierende Domkapitular Christoph Warmuth stellte seine Predigt unter die Begriffe „Überraschung" und „Mut", wodurch ein Bogen von der ungewohnten Architektur der Kirche zu Aufgaben der Zukunft geschlagen wurde. Erneut wurden Kompositionen des Hl. Alfons zu Gehör gebracht, die Jugendschola und der Kinderchor von St. Alfons sorgten für weitere musikalische Abrundung.

Das anschließende Programm war dicht gesteckt: Bücherei und Kindergarten öffneten ihre Pforten, auch das Kloster konnte besichtigt werden. Überhaupt gab Offenheit den Ton an: Es gibt ein offenes Bibelzimmer und ein offenes Singen mit der Jugendschola. Auf gehöriges Interesse stieß die Präsentation der Baupläne für die städtebauliche Neuordnung des Grundstücks rund um die Kirche; Kirchenpflegerin Angelika Manger stand Rede und Antwort. Daneben konnten „Eine Welt" Waren erworben werden, bevor sich die Festgemeinde bei einem Mittagessen für die Programmpunkte am Nachmittag stärken konnte; wieder oblag dem Festausschuss die Sorge für das leibliche Wohl.

Auf die Architektur von St. Alfons nahm das Jubiläum nicht nur in Form des Mottos Bezug. Und sie wurde keineswegs nur bejubelt: Ab 14 Uhr wurde in einem Vortrag mit dem Titel „Sprungschanze oder Abschussrampe?" danach gefragt, ob Architektur und Ausstattung dieses Sakralbaus bei aller Modernität auf tragfähigen Konzepten basieren. Ein Impulsreferat und die anschließende öffentliche Diskussion sollten zu einem kritischen Bewusstsein im Umgang mit der künstlerischen Moderne im sakralen Raum anregen. Einigkeit bestand am Ende darin, dass die vielbeschworene Rede vom „Zeitgemäßen" kein Maßstab für die Qualität eines Kirchenbaus sein dürfe.

Dort beging die Gemeinde um 15:00 Uhr den Abschluss des Jubiläums. Für den Ausklang im wörtlichen Sinne sorgte ein Benefizkonzert des Symphonischen Blasorchesters Kürnach. Der Anlass war ein weiteres Jubiläum: Seit fünfzig Jahren besteht die Seniorenwohnanlage am Hubland – die ebenfalls zu St. Alfons gehört.

Prof. Dr. Damian Dombrowski

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